12.03.2020 15:14
Wie Grundwasser die Küstenökosysteme beeinflusst
Forscher haben das erste Computermodell entwickelt, mit dem der Grundwasserstrom in die Weltmeere global verfolgt werden kann.
Grundwasser ist das größte Reservoir für Süßwasser, eine der wertvollsten natürlichen Ressourcen der Welt. Es ist lebenswichtig für Nutzpflanzen und als Trinkwasser für den Menschen. Es befindet sich direkt unter unseren Füßen in den Rissen und Poren des Bodens, der Sedimente und des Gesteins.
Unter der Leitung der Universität Göttingen hat eine Gruppe von Forschern, darunter auch der Geologe Nils Moosdorf vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT), das erste Computermodell entwickelt, mit dem der Grundwasserstrom in die Weltmeere global verfolgt werden kann. Die Ergebnisse der Studie sind kürzlich in der Fachzeitschrift Nature Communications erschienen.
Die Analyse der Wissenschaftler zeigt, dass weltweit 20 Prozent der teils sehr empfindlichen Küstenökosysteme – wie Salzwiesen, Korallenriffe und Flussmündungen – von Schadstoffen bedroht sind, die durch den Grundwasserstrom vom Land ins Meer transportiert werden. Insbesondere in tropischen Regionen ist dies der Fall.
Die Forschenden bestimmten die Grundwasserströmung in den Küstenregionen weltweit, indem sie ein neu entwickeltes Computermodell mit einer globalen Datenanalyse der Topografie, der Grundwasserauffüllung und der Charakteristik der Gesteinsschichten unter der Oberfläche kombinierten. Sie zeigen, dass der Strom des Grundwassers in die Küstenmeere insgesamt auf globaler Skala im Vergleich zu dem von Flüssen gering ist. Er liegt bei etwa 80 km³ pro Jahr.
Aufgrund der berechneten Mengen stellen die Forscher frühere Behauptungen in Frage, dass der Süßwasserstrom den Kohlenstoff-, Eisen- und Silikathaushalt der Ozeane insgesamt signifikant beeinflusst. Die Auswirkungen des Grundwassers entlang der Küsten können jedoch lokal von großer Bedeutung sein.
Der Wasserstrom ist in verschiedenen Bereichen der Küstenlinie sehr variabel und kann lokal hoch genug sein, um als wichtige Süßwasserquelle zu fungieren, die an vielen Orten auf der Welt unverzichtbar ist. Auch gibt es Beobachtungen beispielsweise vor Tahiti und Mauritius, dass die Vermischung des Meerwassers mit dem frischen Grundwasser die lokale Meeresfauna unterstützt – vermutlich durch den Eintrag von Nährstoffen wie Stickstoff oder Phosphat.
Es gibt jedoch auch negative Auswirkungen der Grundwasserströme auf die Küstenökosysteme. Dazu gehört insbesondere ein Überschuss an Nährstoffen wie Stickstoff sowie Schadstoffe, die in den Erdboden versickern und dann ins Grundwasser gelangen. Für empfindliche Küstenökosysteme wie Korallenriffe ist dies eine Gefahr, etwa 15 % sind weltweit davon betroffen. Dabei stellen sich die Folgen nicht immer unmittelbar ein. Es kann Jahre oder sogar Jahrzehnte dauern, bis das schadstoffhaltige Süßwasser ins Meer abfließt.
„Spannend ist insbesondere, dass submariner Grundwasserabfluss, der in Deutschland kaum Aufmerksamkeit erfährt, in anderen Weltregionen deutlich relevanter ist“, erklärt Nils Moosdorf. „So liegt über die Hälfte des globalen submarinen Grundwasserabflusses aus Küstenbereichen unmittelbar um den Äquator.“
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Nils Moosdorf
Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT)
Tel: 0421 – 23800 – 33
E-Mail: nils.moosdorf@leibniz-zmt.de
Originalpublikation:
Luijendijk, E., T. Gleeson, and N. Moosdorf (2020), Fresh groundwater discharge insignificant for the world’s oceans but important for coastal ecosystems, Nat Commun, 11(1), 1260, doi:10.1038/s41467-020-15064-8.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Geowissenschaften, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
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