Struktur und Funktion von Lichtrezeptor bei Cyanobakterien aufgeklärt



Teilen: 

29.01.2020 13:31

Struktur und Funktion von Lichtrezeptor bei Cyanobakterien aufgeklärt

Chemie: Veröffentlichung in PNAS

Bestimmte Proteine dienen Pflanzen und auch Cyanobakterien als Lichtrezeptoren. Das Team des Center for Structural Studies (CSS) der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) konnte zusammen mit internationalen Partnern die Struktur und Wirkungsweise des Bakterienproteins und seiner lichtempfindlichen Stelle aufklären. Die für das Verständnis der lichtinduzierten Anpassungen photosynthetisch aktiver Organismen wichtigen Ergebnisse veröffentlichten sie in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS).

Pflanzen und Bakterien, die Photosynthese betreiben, benötigen lichtempfindliche Strukturen, um die Prozesse rund um die Photosynthese zu steuern. Zu diesen Steuerungen zählen zum Beispiel die Blattergrünung, die Anpassung an das konkret bei der Pflanze ankommende Lichtspektrum oder auch die Freisetzung von lichtabsorbierenden Pigmenten, wenn zu hohe oder schädliche Strahlung auf die Pflanze trifft. Cyanobakterien sind darüber hinaus in der Lage, sich zu Orten mit optimalen Lichtverhältnissen zu bewegen.

Die Steueraufgaben übernehmen spezialisierte Proteine, die „Phytocrome“. Bei Cyanobakterien sind dies sogenannte Cyanobacteriochrome (kurz CBCR), die – im Vergleich zu Pflanzen – sehr klein sind und nur aus rund 180 Aminosäuren bestehen; typischerweise sind Lichtrezeptoren aus 600 und mehr Aminosäuren aufgebaut.

Dem Düsseldorfer Biochemiker Dr. Sander Smits und der Strukturbiologin Dr. Astrid Port vom Center for Structural Studies ist es gelungen, die Struktur und Funktionsweise des eigentlichen aktiven Zentrums des CBCR, der sogenannten GAF-Domäne, zu bestimmen (GAF steht für: cGMP-Phosphodiesterase, Adenylyl-Cyclases, und FhlA-Protein-Domäne). Sie arbeiteten dabei eng mit Kollegen aus Israel, China und Leipzig zusammen.

Sie fragen sich unter anderem, warum sich die Absorptionswellenlänge zwischen dem Grundzustand des Proteins und dem durch Licht angeregten Zustand deutlich von anderen Phytochromen unterscheidet. Beim untersuchten CBCR Slr1393g3 liegen zwischen den Absorptionsmaxima beider Zustände 110 nm: Der Grundzustand absorbiert maximal rotes Licht bei 650 nm, der angeregte Zustand grünes Licht von 540 nm.

Experimentell erzeugten sie Kristalle aus dem Protein, die sie dann an den Synchrotronstrahlungsquellen am DESY in Hamburg und am ESRF in Frankreich vermaßen. Mittels Röntgenstrukturanalyse entschlüsselten sie die Proteinstrukturen der verschiedenen Anregungszustände und ihren dreidimensionalen Aufbau. In einer nachfolgenden Simulation fanden die Forscherinnen und Forscher, dass für die Unterschiede der Absorptionswellenlängen vor allem ein Vierringsystem im Protein verantwortlich ist, welches sich nach der Lichtanregung umkonfiguriert. Zuvor war angenommen worden, dass die Proteinumgebung um das Vierringsystem hierfür verantwortlich ist, was aber ausgeschlossen werden konnte.

„Es ist schon schwierig, Proteinkristalle für die Röntgenstrukturanalyse zu züchten“, so Dr. Astrid Port zur Arbeit im Labor: „Aber noch einmal aufwändiger wurde es, die Proteinkristalle für den lichtangeregten Zustand herzustellen, denn das musste in fast völliger Dunkelheit, nur bei schwachem Rotlicht, geschehen.“ Bei stärkerer Beleuchtung wären nämlich die Kristalle wieder in ihren Grundzustand zurückgefallen.

„Ein solches Projekt braucht einen langen Atem“, betont Dr. Sander Smits, der das CSS an der HHU leitet. „Seit 2014 bearbeiten wir das Protein, wir haben in den Jahren viel gelernt, vor allem im Hinblick auf den Umgang mit den höchst sensiblen Kristallen.“

Die Ergebnisse helfen dabei, den Vorgang von lichtinduzierten Prozessen zur Anpassung an die jeweilige Umwelt in Cyanobakterien noch genauer zu verstehen. Darüber hinaus kann das Protein möglicherweise auch in andere Organismen eingebracht werden, um mit ihm über Lichtsignale Prozesse künstlich auszulösen und zu steuern.

Das Center for Structural Studies (CSS)

Das CSS ist ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördertes Infrastruktur- und Servicezentrum der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der HHU. Hier stehen Expertise und entsprechende Großgeräte für Projekte mit einem strukturellen Hintergrund zur Verfügung. Räumliche Auflösungen im atomaren Bereich sind möglich. Diese Projekte können sowohl selbstständig durch Forschungsgruppen durchgeführt werden als auch in Auftrag gegeben und von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des CSS bearbeitet werden.

Weitere Informationen: www.css.hhu.de


Originalpublikation:

Xiuling Xu, Astrid Port, Christian Wiebeler, Kai-Hong Zhao, Igor Schapiro, and Wolfgang Gärtner, Structural elements regulating the photochromicity in a cyanobacteriochrome. Proc Natl Acad Sci U S A. 2020 Jan 21. pii: 201910208

DOI: 10.1073/pnas.1910208117


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Chemie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW

Gefunden in: NEWZS.de